Vom Feldweg zur Staatsstraße

22. Februar 2024 Aus Von Heimatforscher

Ein Beitrag von Andreas Schartner, Appertshofen

So ähnlich wie auf dem Bild dürfte die „Straße“, die von „Appertshofen im Holzlande“ nach Denkendorf führte, über mehrere Jahrhunderte lang ausgesehen haben. Es handelte sich sicherlich um eine schmale, feldwegartige, holprige Straße, auf der Pferdefuhrwerke, Reiter,

Kutschen, Handwerksgesellen und Wanderer unterwegs waren.

Das Fortkommen muss besonders bei Regen und Schnee beschwerlich gewesen sein. In Appertshofen bot sich die Möglichkeit zur Rast oder Übernachtung, am Mauthaus musste der Wegezoll entrichtet werden. Die Appertshofener benutzten die Straße zum Beispiel, um auf Karren Brennholz aus dem nahen Wald nach Ingolstadt zu bringen.

Die Geschichte der Straße liegt im Dunklen, bis durch die Säkularisation das Fürstbistum Eichstätt zu Bayern kam und Napoleon Bayern 1806 um Franken erweiterte und zum Königreich erhob. Der beliebte König Max, der übrigens der höchsten Karte beim Watten ( ein urbayrisches Kartenspiel ) den Namen gab, beschloss die Herstellung einer Heerstraße aus den fränkischen Ländern von Beilngries über Denkendorf nach Ingolstadt. Die Arbeiten an dieser Straße wurden den zunächst gelegenen Ortsbewohnern im Frondienste aufgebürdet, und zwar entsprechend der jeweiligen Häuserzahl. Das zur Anlegung der Straße benötigte Steinmaterial sollten die Fronler unentgeltlich den nahegelegenen Steinbrüchen entnehmen. Für die 35 Schuh breite Straße sowie die beidseitigen Gräben mussten auch die Baumstöcke ausgegraben werden.

Wie man auf den Bildern sieht, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Straßenbau vorwiegend mit Pickel und Schaufel erledigt. Einer der fleißigen Arbeiter war mein Großvater Andreas Kipfstuhl, von dem diese Bilder stammen.

Aufnahme links: Eine Wirtschaft in Stammham (Lukas?)

Anlass der Feier: Wahrscheinlich die Fertigstellung der Straße. In Stammham wohnte auch stets ein „Wegmacher“, der sich um einen ordentlichen Zustand der Straße kümmerte.

1919 wurde nördlich von Appertshofen ein Hügel abgeflacht. Hierbei mussten Sprengungen durchgeführt werden, wobei Anton Kolb tödlich verunglückte. Das Marterl befindet sich heute noch an der Straßenböschung.

Straßenbau 1934

Teerung der Straßendecke von Stammham nach Hepberg im Jahr 1934: Teer erhitzen bis zur gewünschten Viskosität, Teer auftragen, Split drauf und festwalzen, losen Split abkehren.

1935 bis 1938 wurde die Autobahn gebaut.

1945, als die amerikanischen Truppen vorrückten, erhielt mein Großvater den Auftrag, im Wald nach Denkendorf Bäume über die Straße zu fällen, um die Panzer aufzuhalten. Diese Maßnahme erwies sich als wirkungslos, weil die Panzer außen herumfuhren. Übrigens wurde zur gleichen Zeit und mit gleicher Absicht auch die Autobahn-Unterführung von den zurückweichenden deutschen Truppen gesprengt.

Das noch heute bestehende Teilstück, von Norden kommend. Die Esche auf der rechten Seite wuchs zu einem mächtigen Baum heran. Jetzt befindet sich hier eine Bushaltestelle.

Bevor die Straße begradigt wurde, bot sich dem von Stammham Kommenden dieses Bild. Die alte Trasse war wegen der vielen Kurven und schlechten Fahrbahneigen-schaften ein Schrecken für die Autofahrer.

Stellvertretend für die zahlreichen, manchmal sogar schlimmen Unfälle auf dieser Strecke erinnert sich der Verfasser:

Andreas Schartner war 6 Jahre alt, als sich eine Straßenwalze von Stammham näherte. Mit einem „Stangenradl“ wackelte er an der Walze vorbei und wollte – genau an dieser Stelle, wo das Bild gemacht wurde – umkehren. Verkehrsunterricht? Handzeichen? Gab es damals nicht. Der kleine Bub spürte nichts, sah aber über sich den Himmel und ein blutendes Gesicht mit Helm. Der Mann, ein Einfahrer der Auto Union war mit seinem Motorrad mit hoher Geschwindigkeit quer mit seinem Fahrrad kollidiert. Die Wucht war so groß, dass sich das Fahrrad um das Motorrad herumbog. Der Motorradfahrer sagte nur: „Mei, Bua, da kann ich nix dafür!“ Glück im Unglück: Dem Motorradfahrer fehlten einige Schneidezähne und Andreas war sanft im Straßengraben gelandet. Man führte ihn heim, wo er sich auf die Couch legen musste. Sein Lehrer, Herr Berghammer, kam zu Besuch und brachte ihm eine Tafel Schokolade!

Ein Bild aus den 60er Jahren : Ludwig Karl und Gabriel Fogl vor dem Bushäuschen, an dem allmorgentlich eine Schar von Schülern auf den Postbus wartete, im Winter erbärmlich frierend.

Luftbild nach der Begradigung (ganz links). Nicht mehr zu erkennen: der alte Verlauf der Straße mit einer gefährlichen Kurve vor der Ortseinfahrt. Auch die beiden Hügel im Norden (der Steinbuckel) und Süden (der Strassbuckel) wurden durch Einschnitte entschärft.

Der Radweg nach Stammham – sehr beliebt bei Radfahrern und Fußgängern

Ein Radweg nach Denkendorf und Stammham wurde angelegt, auf der begradigten Staatsstraße 2229 ein Tempolimit auf 80 km/h festgelegt. Dadurch verringerte sich die Zahl der Unfälle.