Flugzeugabsturz am Eichelberg nahe Appertshofen

14. Oktober 2023 Aus Von Heimatforscher

( Originalbericht von Zeitzeugen)

Kurz vor Kriegsende, genau am 13.April 1945 – es war ein Freitag – wurde ich morgens um 8 Uhr durch ein lautes Brummen aufgeschreckt. Ein großes, viermotoriges Militärflugzeug – die englischen Hoheitszeichen waren aufgeklebt – flog ungewöhnlich niedrig knapp über den Hausdächern von Appertshofen hinweg, verlor schnell an Höhe und verschwand in Richtung Schelldorfer Wald. Wenige Augenblicke später hörte ich einen lauten Knall und ich wusste: Der ist abgestürzt ! So schnell ich konnte machte ich mich mit meinen Freunden auf den Weg in den Schelldorfer Forst, wo eine schwarze Rauchsäule aufstieg. Es war die heutige Abteilung ‚ Eichelberg Nord‘. Dort hatten sich bereits mehrere Leute an der Absturzstelle eingefunden, wo sich ein Bild des Grauens bot.

Die Maschine hatte mehrere Baumwipfel gestreift, war in 3 Teile zerbrochen und lag überschlagen am Boden. An Bord waren 6 Soldaten, einer tot in der Kabine, einer hing mit dem Fallschirm tot in einer Baumkrone. Vier überlebten den Absturz, wovon zwei kurze Zeit später ihren Verletzungen erlagen. Die beiden Leichtverletzten fanden in Schelldorf Unterschlupf.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich um ein englisches Flugzeug handelte, das von den sechs deutschen Soldaten in Berlin gekapert worden war. Die Soldaten waren auf der Flucht in die neutrale Schweiz und stürzten wegen Treibstoffmangel ab.

Der Innenraum war mit Beutegut, z.B. Zigaretten und Fahrrädern beladen. Das Wrack wurde von der örtlichen Gendarmerie und der Wehrmacht beschlagnahmt, die wertvollen Sachen konfisziert. Die Überreste überließ man den Appertshofenern und Stammhamern zum Ausschlachten.

Wir Kinder waren natürlich täglich nach der Schule am Flieger, einer der riesigen Fahrwerkreifen diente uns als Karusell. Die Bordkanonen waren an den Zulaufketten noch voll mit Munition bestückt und wir machten uns sofort an die Arbeit. Chef der Aktion war der schon etwas ältere Ludwig Schmid, der Sohn des Appertshofener Zeitungsausträgers. Lug versuchte die noch vorhandenen Patronen mit der Bordkanone zu verschießen, was ihm jedoch nicht gelang. Deshalb leitete er uns an, die Patronen aus der Laufkette zu entfernen und dann am Rand vorsichtig mit einem Hämmerchen zu beklopfen, bis man die Geschoße von der Hülse lösen konnte.“ Aber ja nicht auf den Zünder schlagen!“ befahl Ludwig. Wir Kinder entnahmen das Schießpulver, schütteten es in eine Blechdose und versahen das Ganze mit einer Lunte. Dann gingen wir in Deckung und der Schmid-Lug zündete die Ladung. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall. Das gefiel uns Kindern so gut, dass wir es in den folgenden Tagen mehrmals wiederholten.

Des weiteren haben viele Leute Teile aus dem Flugzeug ausgebaut. Aus den Gummitanks wurden Sandalen hergestellt, das Alublech und Plexiglas konnte jeder brauchen, außerdem wurden die Zündanker ausgebaut. Einer der Zündanker fand in der Werkstätte Bayerlein bis in die 80er Jahre als Zündkerzenprüfgerät Verwendung.

Andere verwendeten die Zündanker als Ersatz für Streichhölzer, die nach dem Krieg Mangelware waren. Ein Wattebausch in Brennspiritus getaucht und gedreht – das Feuer war an.

Die beiden Überlebenden blieben bis Kriegsende in Schelldorf. Einer der beiden Piloten hatte später ein Verhältnis mit der Frau des Lehrers, worauf beide das Dorf verlassen mussten. Der Andere, ein gewisser Soldat Namens Backhaus aus Düsseldorf, besuchte einige Jahre späterwieder das Juradorf Schelldorf, um die Leute, bei denen er Unterschlupf gefunden hatte, wieder zu sehen.

Wahrscheinlich so um 1950 wurde das Flugzeugwrack von einem Eisenhändler abgeholt und über die Sache ist Gras gewachsen.

Siebzig Jahre später fand ein Mann mit einem Metallsuchgerät genau an dieser Stelle Patronenhülsen mit unversehrten Zündern. Ich erzählte ihm, wie es dazu kam.

Bericht der Zeitzeugen:

Herrmann Bayerlein, Appertshofen, damals 9 Jahre alt (Verfasser)

Fürsich Konrad, Schelldorf

Schmid Ludwig, damals 16 Jahre

Bayerlein Alfred, damals 10 Jahre und viele Andere ….

Hubert Bayerlein, 12. Nov. 2019

So ähnlich könnte das Flugzeug ausgesehen haben ( Britischer Lancaster-Bomber)